Wer sich mit Vertretern der organisierten Kriminalität einlässt, stellt meist bei dem Versuch des Abbruchs der Kontakte fest, dass dies keine Partnerschaft im herkömmlichen Sinne war.
Es ergibt sich nur die Möglichkeit der Unterwerfung oder die der Feindschaft, welche die dauerhafte Bedrohung an Leib und Leben zur Folge hat.
Das lässt sich auch auf die Zusammenarbeit mit Geheimdiensten in/von Diktaturen und gelenkten Demokratien übertragen.
Ein wie auch immer geartetes Verhältnis mit solchen Vereinigungen kennt nur ein "mit ihnen" oder ein "gegen sie". "Ohne sie" ist gleichbedeutend mit "gegen sie". Das ist der Grund, weshalb der Begriff Sicherheitspartnerschaft in Bezug auf Schutzgelderpresser so unpassend ist.
Der russische Außenminister Lawrow hat kürzlich auf der Münchener Sicherheitskonferenz auf die Frage warum russische Militärjets die zivile Luftfahrt in Europa wiederholt gefährden, erstens den Fakt als solchen nicht bestritten und zweitens, die eingefrorene Partnerschaft des NATO-Russland-Rates als Rechtfertigung für die aggressiven Aktivitäten der russischen Luftstreitkräfte angeführt.
Der Telegraph schrieb, die russischen Langstreckenbomber testeten im Ärmelkanal die britische Luftverteidigung, während zeitgleich in London die öffentliche Untersuchung am Royal Courts of Justice im Fall Alexander Litwinenko begann. Putin wurde bezeichnet als ein "'common criminal' who consorts with the Russian mafia".
Die sogenannte Ukraine-Krise, oder besser die Art der Kriegsführung welche Putin gegen die Ukraine präsentiert, ist Ausdruck dessen.
Und vorläufiger Höhepunkt einer vom Revisionismus geprägten russischen Außenpolitik.
Während sich in Frankreich, Deutschland und in ganz Europa mehr und mehr Bürger vor einer beginnenden Unterwerfung des Westens gegenüber dem Islam fürchten, haben oftmals dieselben Bürger keine derartigen Ängste gegenüber der viel realeren und aktuelleren Bedrohung aus Russland. Nicht nur bitten sie Putin um Hilfe in ihrem Kampf um den Erhalt nationaler und europäischer Werte gegen eine um sich greifende Islamisierung, sie sehen auch Amerika und die Kapitalismus genannte Marktwirtschaft, mit ihren aktuellen Charakteristika Globalisierung und Freihandel, stattdessen als Bedrohung an.
Im Westen verstehen unter den Werten des Abendlands bei weitem nicht alle Bürger dasselbe.
Auch der Vorschlag einer Wirtschaftsunion von Wladiwostock bis Lissabon ist unter Berücksichtigung der Handlungsweise Putins kein Angebot, sondern der zu zahlende Preis für ein Ende der Bedrohung Europas durch Russland, die mit zunehmender Intensität mehr und mehr die Schwächen der europäischen Verteidigung offenlegt.
Poroschenko drückte auf der Münchener Sicherheitskonferenz viele warme Hände, wenn er um Militärhilfe bat. Gegen eine auf den neuesten Stand der Kriegstechnik hochgerüstete Armee, die seiner eigenen völlig unterlegen ist, sah er vor allem kalte Schultern.
Sein Land wehrt sich gegen eine ganz reale und konkrete Unterwerfung. Keine die in einem Zukunftsroman spielt, die aber scheinbar für manche Verteidiger des Abendlandes zu real ist, um Täter und Opfer definieren zu können.
Jahrzehntelang wurde mit aufgebauschten Ängsten in Deutschland und in der EU Politik gemacht. Ein nicht zu überhörender Teil der öffentlichen Meinung reflektiert nun diese Ängste in einer Ablehnung jener westlicher Werte die einem Militärbündnis wie der NATO ihre Stärke verleiht und die Bundeskanzlerin geht darauf ein, in dem sie abermals dem Appeasement den Vorzug vor der Bündnisfähigkeit gibt.
So vermeidet sie eine innenpolitische Konfrontation und befeuert, was sie beklagt - die hybride Kriegsführung Russlands.
In einem weitsichtigen Artikel für Foreign Affairs fragte 2008 Stephen Sestanovich, unter dem Eindruck des Krieges Russlands gegen Georgien, welches Land auf einer europäischen Sicherheitskonferenz Putins Sicht zustimmen würde, die Ukraine sei kein Staat.
Es ist soweit. Diese Frage ist auf dem Tisch. Sie dreht sich nicht um ethnische Interpretationen, sondern wie viel vom Staat Ukraine bleibt, wenn in ihm Neurussland wächst und wächst.
Die Bundeskanzlerin hat auf der Sicherheitskonferenz in München die Ukraine aufgegeben und ihr die eingemauerte DDR als Zukunft vorgestellt. Mit dem Hinweis sich in Geduld zu üben, denn irgendwann würden sie dann wieder befreit werden. Nur von wem?
Von Europa sicherlich nicht.
Diese Art von realpolitischem Zukunftsblick bekommt seine zynische Komponente erst mit der Verweigerung von Hilfe. Ob das ihr wirklich klar war, möchte ich gern bezweifeln und sicher gibt es auch eine wohlwollendere Interpretation.
Die Ukraine wurde, wie ganz Europa, aller Legendenbildung zum Trotz, nicht von dem Putinanhänger Gorbatschow befreit, sondern von Amerika.
Jetzt und nicht in ferner Zukunft hat Europa die Chance, rechtzeitig dem Imperialismus Putins entgegenzutreten. Wird die Ukraine sich selbst überlassen und gewartet bis Russland nach Moldawien das Baltikum angreift, könnte der Preis viel höher sein, als eine Zustimmung zur Hilfe bei der Selbstverteidigung eines Landes, welches die EU als Wirtschaftspartner ansieht.
Putin bekommt bei seinem Versuch die NATO zu zerlegen, die EU und auch die UNO, Unterstützung. Durch nationalistische Regierungen die sich im politischen Spektrum von den Rändern her speisen - links wie rechts. Ungarn und Griechenland werden vielleicht nicht die einzigen bleiben, obwohl sie wegen der notwendigen Einstimmigkeit beim Beschluss von Sanktionen durch die EU schon jetzt Russland ein Vetorecht verschaffen.
Die Partnerschaft die zwischen Russland und dem Westen nach dem Ende des Ostblocks bis 2002 aufgebaut wurde, zerbrach mit dem Ende der Konsensethik die Russland und Amerika ihre Konfrontation auf Eis legen ließ.
Der amerikanische Botschafter in Moskau, Alexander Vershbow, sagte 2003, das Hauptproblem in den russisch-amerikanischen Beziehungen läge in den Lücke, die Werte betreffend. Die Herrschaft des Rechts (vorpositives Recht, Menschenrechte) und die Stärkung demokratischer Institutionen seien Werte, bei denen keine Einigkeit erzielt werden kann.
Auch die westliche Anhängerschaft Putins von links bis rechts zieht ihren Kulturpessimismus und ihre antiliberale Grundhaltung aus der ambivalenten Beziehung zu diesen Werten des Westens, die erst nach dem 2.WK ihre heutige Verbreitung in Europa fanden und sich nach dem Ende der kommunistischen Gewaltherrschaft auf die ehemaligen Satellitenstaaten der Sowjetunion ausdehnten.
Diese Gefahr hat Angela Merkel auf der Münchener Sicherheitskonferenz deutlich angesprochen und natürlich würden Waffenlieferungen an die Ukraine nicht ohne Folgen bleiben. Doch sollte es zu einem Waffenstillstand kommen, ist dieser umso stabiler, je besser sich die Ukraine gegen Neurussland verteidigen kann.
Erling Plaethe
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