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Mittwoch, 18. Februar 2015

Illiberal wie Russland

Die Befürchtung, Putin könne die EU spalten, ist Schnee von gestern. Er war erfolgreich mit seinem Versuch. Vorerst ist Ungarn, neben Griechenland, raus aus der Einigkeit gegen Russland.
Was das für weitere Sanktionen der EU bedeutet, erklärt der für Putin so wichtigen Auftritt in Budapest.
Neue Sanktionen werden vermutlich an der nötigen Einstimmigkeit scheitern.
Europa schoss sich mit ihnen ins eigene Knie, sagte Victor Orban. Welch stilsicherer Vergleich nach den jüngsten Eroberungen in der Ukraine.
Die Spaltung ist jetzt doppelt abgesichert.
Und nicht nur in der EU.
Auch in der NATO gibt es jetzt zwei Verbündete Russlands.

Der ungarische Premierminister ist derart begeistert von dem erfolgreichen illiberalen Russland, wie er es unter dem wohlwollenden Blick Putins nannte, dass er ihm nacheifern will:
Mit der Errichtung eines neuen illiberalen ungarischen Staates.

Russlands gelenkte "Demokratie" als Vorbild für das Land, welches einst den eisernen Vorhang in Europa öffnete, was letztlich in den Sturz der sowjetischen Marionettenregime im gesamten Ostblock mündete.
Für die DDR hatte diese Grenzöffnung direkt den Untergang zur Folge. Die Mauer in Berlin und die Grenzanlagen an der innerdeutschen Grenze waren mit einem Mal obsolet.

Nun sagt Orban, Ungarn braucht Russland. Putin kann auf dem Foto der "Welt" seine Freude kaum unterdrücken.
Artig erwähnt der ungarische Premier vom Boykott europäischer Waren durch Russland ausgenommen worden zu sein und dass Russland die Zukunft gehöre, bzw. Eurasien.
Oder umgekehrt.

Apropos Minsk II, das Wichtigste an diesem Dokument ist laut Putin die Veränderung der Staatlichkeit der Ukraine. Wie wahr. Die sich auch noch weiter verändern wird.
Nach Debalzewe ist vor Mariupol. Von dort ist es dann nicht mehr weit zur Etablierung eines Landkorridors der Russland mit der Krim verbindet. Die Verfassungsreform über die Autonomiegebiete, die de facto jetzt zu Russland gehören und nur so genannt werden, damit das Elend dort auch noch von der Kreml-Propaganda Kiew zugeschoben werden kann, hat jetzt UN-Sicherheitsrats-Resolutionsstatus. Und kann, falls mal der Gebietshunger Neurusslands gestillt sein sollte, den Europäern als Zustimmung der Verkleinerung des ukrainischen Territoriums vorgehalten werden.

Doch spätestens mit dem Fall von Mariupor steht die Staatlichkeit der Ukraine insgesamt in Frage. Wie auch Poroschenko als Präsident, der sein Land nicht zu verteidigen vermag. Der auf Freunde setzt, die sich weigern, ihm dringend notwendige Waffen zu liefern. Die ihm letztlich das gleiche sagen wie der Aggressor:
So ähnlich hatte sich auch Angela Merkel auf der Münchener Sicherheitskonferenz ausgedrückt als sie den Teilverlust der ukrainischen Souveränität mit dem der DDR verglich.

Die Bemühungen der Bundeskanzlerin um Frieden in der Ukraine sollen hier nicht entwertet werden.
Nur hatten sie keinen Erfolg. Aus dem gleichen Grund, warum die Partnerschaft zwischen NATO und Russland zerbrach. Putin hat sich bei der Annektierung der Krim nicht um bestehende Verträge geschert, nach Minsk I nicht und konsequenterweise sind ihm diese auch nach Minsk II gleichgültig.
Die jetzt geäußerten Vorwürfe der Vertragsverletzung wirken so hilflos, die Drohungen so leer, nachdem Waffenlieferungen ausgeschlossen wurden, weil der Konflikt "nicht militärisch zu lösen ist".
Diese Floskel hat sich der russische Präsident inzwischen zu eigen gemacht, nachdem er sein Neurussland hochgerüstet und ukrainische Städte hat bombardieren lassen.
Er löst nicht diesen Konflikt, er führt einen Krieg. Bis zum Ende.
Der sogenannte Konflikt entsteht nur dort, wo sich die Ukraine wehrt, und er endet, wo sie kapituliert. Das scheint mir die Sicht Putins zu sein.

Der Erhalt der Souveränität eines jeden Landes, auch der Ukraine und der NATO-Mitgliedsländer, hängt von ihrer Verteidigungsbereitschaft und -fähigkeit ab. Oder von der seiner Freunde und Partner.
Dabei spielt es weniger eine Rolle ob ein Land überlegen ist. Der vielfach erwähnte Preis ist einfach höher, wenn ein Land sich verteidigen kann. Er kann auch für den Überlegenden zu hoch werden.

Wenn der russische Geheimdienst einen estnischen Polizeibeamten auf dem Territorium Estlands entführt und nachher behauptet, dass es russisches Territorium war, liegt das an dem ungeklärten Grenzverlauf zwischen Russland und Estland, weil das Abkommen über den Grenzverlauf nicht von der Duma ratifiziert wurde. Es existiert kein gültiger Grenzvertrag - an der Grenze eines NATO-Mitgliedstaats mit der Russischen Föderation. Somit auch keine Grenzsicherung.
So macht Russland aus der Verfolgung von Schmugglern durch den estnischen Beamten einen NATO-Angriff.

Putin macht keine leeren Drohungen. Es ist das wohl einzig Berechenbare an ihm.

Erling Plaethe




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