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Sonntag, 12. Juli 2015

Tsipras vs. wirtschaftsliberales Europa, Phase II

Seit Alexis Tsipras seinen Kampf für ein sozialistisches Europa aufgenommen hat, landete er in den letzten Tagen mit seinem neuen Verbündeten und Unterhändler Frankreich, einen ersten Wirkungstreffer.

Die angestrebte Spaltung ist erreicht und die Sozialisten in der Eurozone schließen ihre Reihen. Frankreich wärmte gemeinsam mit Syriza das letzte abgelehnte Angebot an Tsipras für die Verlängerung des ausgelaufenen Hilfsprogramms durch französische Beamte auf. Welches Gegenstand des als Sieg der Demokratie aufgeblasenen Referendums war. Und welches Tsipras, der die Volksabstimmung aktiv mit seiner Ablehnung des Angebots bewarb, nicht nur ablehnte, sondern bekämpfte. Diesen Schnee von gestern bietet er nun mit französischer Hilfe als Reformvorschlag an. 
Wer veräppelt da eigentlich wen? Ist es nicht auch Hollande der inzwischen die europäischen Steuerzahler zum Narren hält? 

Parallel dazu wächst die Unterstützung für Syriza innerhalb der Staaten, Parteien und, natürlich, der amtierenden GroKo in Berlin. Genauer beim Juniorpartner dieser Regierung der nationalen Einheit.
Europas Sozialisten müssen schier begeistert sein, wie meisterhaft Tsipras linke Ideologie moralisch über jedwede ökonomische Vernunft erhebt. Selbst die Washington Post ist angetan. 

Mitten drin in Phase II, man könnte sie auch Spaltung und Zersetzung nennen, redet kaum mehr einer vom tiefen Vertrauensbruch der der Spaltung vorausging. Dafür ist die Empörung umso größer über die rationale Reaktion des deutschen Finanzministers die ihm folgte. 
Wolfgang Schäuble will einen substantiellen Beitrag Griechenlands zur Verbesserung seiner Zahlungsfähigkeit sehen. Was auch etwas über die Zahlungswilligkeit aussagt. 

Da sich noch jede griechische Regierung Privatisierungen widersetzte, geht er das der Auseinandersetzung mit Griechenland zugrundeliegende Problem der gemeinschaftlichen Währung ohne gemeinschaftlichen Bundesstaat direkt an und fordert eine treuhändisch durchgeführte Privatisierung. Da diese griechische Regierung jedes Vertrauen verspielt hat, ist es ein Vorschlag der von Misstrauen geprägt ist. Nicht mehr - aber eben auch nicht weniger.

Zentraler Bestandteil der Zusagen der Vorgängerregierung an die Gläubiger waren Privatisierungen. Tsipras hat sie gestoppt und will, ganz im Gegenteil, seit Amtsübernahme den staatlichen Einfluss auf die Wirtschaft ausweiten. Schäubles Initiative ist nichts weiter als eine logische Konsequenz auf den Bruch früherer Vereinbarungen durch Syriza. 
Die Reaktion von den Grünen, der Linken, über Teile der SPD bis hin zur ökonomisch gescheiterten französischen Regierung zeigt: linke Ideologie braucht weniger Vertrauen als wirtschaftliche Vernunft. 
Und dass die Auseinandersetzung um finanzpolitische Fragen - auf einer politischer Ebene diskutiert und mit politischen Prämissen - Europa auch politisch spaltet.

Sah es anfangs noch nach einer klaren Positionierung Europas gegen die Koalition aus griechischen Links- und Rechtsextremisten aus, so versammelt die radikale Führung Griechenlands nicht mehr nur die Kommunisten und Nationalsozialisten Europas um sich, sondern auch die Regierung Frankreichs, Italiens und den EU-Kommissionspräsidenten.

Angesichts dieser Ausgangslage hat es Tsipras geschafft, das griechische Desaster endgültig zu einem europäischen zu weiterzuentwickeln. 
In der Phase II geht es nun darum wie weit der Vertrauensbruch gegenüber den regierenden Extremisten in Griechenland auf die gesamte Eurozone übergreift. Denn wenn Länder wie Frankreich und Italien Solidarität in der Syriza-Definition verstehen, werden auch sie einem Vertrauensverlust ausgesetzt sein. 


Erling Plaethe

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