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Montag, 19. Oktober 2015

Zur angedachten Grenzschließung zu Österreich in der CDU

Auch wenn sich in Deutschland fast alle außerhalb des idealistischen "Refugees welcome" - Lager auf Angela Merkel als Schuldige für die Flüchtlingswelle eingeschossen haben, sie machen es sich m.E. zu einfach. Denn die Kritik an ihr setzt an wo sie nur wenig ändern kann. 

Flüchtlingen ein faires Verfahren zu ermöglichen, ist eine Frage des Asylrechts, welches seinerzeit mit Blick auf deutsche Flüchtlinge während des II.WK geschaffen wurde. Das deutsche Sozialsystem wird nicht zuletzt aufgrund seiner Missbrauchsmöglichkeiten und seines Ausbaus geschätzt, auch außerhalb. Und viele setzen es mit dem Staat gleich. 

Mit Vehemenz und fast lustvoll wird nun alles was den Flüchtlingen das Leben erleichtert, als Werbemaßnahme interpretiert, in dessen Folge noch mehr nach Deutschland kommen wollen. Was zwangsläufig zum Kollaps der Sozialsysteme führt. Solch eine Argumentation macht aus der Attraktivität eines Landes für Einwanderer, die sich mit den zwei genannten Punkten lange nicht erschöpft, die Ursache für Flüchtlingsbewegungen. Wer sich also um die Flüchtlinge kümmert, für eine rasche Integration, vor allem in den Arbeitsmarkt plädiert, forciert überspitzt dargestellt genau diesen Kollaps. 

Die Pegida betrachtet schon immer alles auf ihrer Agenda überspitzt und spart nicht mit drastischen Worten und ebensolcher Symbolik. In deren nationalsozialistischer Semantik sind deshalb alle, die nicht Flüchtlinge und Einwanderer grundsätzlich ablehnen, Verräter am deutschen Volk, seiner Kultur und seiner Existenz schlechthin, weil sie für mehr Flüchtlinge sorgen. 
Außerhalb dieser Extremisten werden allerdings die Prämissen die zu solch extremen Schlüssen führen, durchaus geteilt. 
Weshalb von der durch Halbwahrheiten gestützten Propaganda nicht auch noch die Konklusionen übernommen werden sollten. 

Nur ein Ignorant kann davon ausgehen, dass Deutschland noch weitere Millionen von Flüchtlingen aufnimmt und der Staat dies finanziell und personell auch bewältigen kann. Er kann es jetzt schon nicht. 
Der Teil der Gesellschaft jedoch, den Pegida als Volksverräter ansieht, hilft der Exekutive diesen Ansturm bewältigen zu können. So etwas wird soziales Engagement genannt und ist ein Indikator für den erreichten Zivilisationsgrad einer Gesellschaft. Was sie zweifellos attraktiv macht.

In der Union und auch in der CDU gärt es darum, weil die Belastungen innerhalb der Kommunen ähnlich ungleich verteilt sind, wie die unter den Staaten innerhalb der EU - auch in Deutschland ist es mit der Solidarität nicht weit her. 
Und so wie in Europa auf das Land kaum gehört wird, welches die Hauptlast zu tragen hat, wird in Deutschland mit den Bayern umgegangen. 

Es geht um Grenzen nicht um die Attraktivität einer humanistischen Zivilgesellschaft und wie nachteilig eine solche angeblich ist. 
Grenzen zwischen Staaten. Wo diese einer starken illegalen oder legalen (was in Deutschland festgestellt werden muss) Einwanderung ausgesetzt sind, werden sie befestigt. Nicht um die Einwanderung zu stoppen, sondern um sie zu verringern und zu kontrollieren. Diese Kontrolle ist für die dauerhafte Bereitstellung humanitärer Hilfe zwingend notwendig. 

Damit Europa seinen grenzenlosen Binnenmarkt aufrechterhalten kann, braucht es deshalb sichere, d.h. dichte, Außengrenzen. So wie der Binnenmarkt der Bundesstaaten in den USA. 
Aber wie schon bei der Währungsunion will Europa eine gemeinsame Währung, meint jedoch auf eine entsprechende gemeinsame Finanzpolitik verzichten zu können. Das fällt ihm seit geraumer Zeit auf die Füße. 

Nun haben die Flüchtlinge vom südlichen Mittelmehr dafür gesorgt, den nächsten kapitalen Konstruktionsfehler der EU offen zu legen: 
Die Schaffung eines Binnenmarktes - unter Abschaffung der Binnengrenzen - ohne die einer dichten Außengrenze. 
Amerika hat solch eine Außengrenze und einen drückenden Einwanderungsstrom. Aber die Situation ist beherrschbar. 
Die EU jedoch bekommt beide Kapitalfehler nicht in den Griff weil sie immer wieder den zweiten Schritt vor dem ersten geht. 
Und wird deshalb vielleicht bald noch mal von vorn beginnen. 

Ob die Kanzlerin genauso lange untätig bleiben kann wie die EU ist sehr zweifelhaft. Letztere kennt keinen politischen Druck aber Angela Merkel oder ihre(n) Nachfolger(in) wird er vermutlich zwingen, die Grenze zu Österreich zu schließen wenn das Land weiter Flüchtlinge durchwinkt. 
Nur weil der Handlungsdruck nicht für die EU steigt sondern nur für einige Mitgliedsstaaten. 
Das wäre dann der Beginn eines temporären Endes des Binnenmarktes und kann das Ende des Euros, in seiner jetzigen Form, beschleunigen. 
Sowie der mögliche Grund warum die Kanzlerin diesen Schritt nicht gehen will. 

Denn Österreich würde es uns gleichtun und immer mehr EU-Länder die überhaupt in der Lage sind, den Nachweis zu erbringen, ihre Grenze so zu sichern als wäre es die EU-Außengrenze. Alle Länder die dies schafften, wären überhaupt nur im Stande einen Binnenmarkt dauerhaft gegen den auf lange Sicht anhaltenden Flüchtlingsdruck aufrechtzuerhalten. 
Und diese Länder würden es auch sein, die das nötige Mindestmaß an Eigenverantwortung bereit sind aufzubringen, um eine europäische Binnenwährung dauerhaft und erfolgreich zu etablieren. 

Erling Plaethe

Dienstag, 13. Oktober 2015

Was zum Leiten taugt

Die deutsche Leitkultur wird wieder bemüht. Eigenwillige(!) Einwanderer sollen sie aufnehmen, akzeptieren, annehmen, verinnerlichen, lesen, verstehen,...weil sie sich zu integrieren, einzufügen haben, schreibt die FAZ. Aber, so der Kommentar, leider ist die Debatte noch nicht so weit die Kultur zu benennen, die sie zukünftig leiten soll. 

Ob dem Autor nicht klar ist, dass er sich mit seinem Resümee bereits mitten in der deutschen Kultur befindet, frag ich mich. Endlose Debatten ohne Ergebnisorientierung zu führen, nur um ihrer selbst willen, das ist deutsche Kultur in Reinform. 

Korrekterweise kommt auch das Grundgesetz zur Sprache, welches, so der Autor, von jedermann gleich oder ähnlich verstanden wird. 
Klar, weshalb alle Nase lang das BVerfG erklären muss, wie das Grundgesetz zu verstehen ist. Nicht nur den Gesetzgebern der PdL die das "System" überwinden wollen. Nein, einfach fast allen und immer wieder. 

Es ist gar nichts klar und deutlich in Deutschland. Überall gibt es Interpretationsspielräume, Ausnahmen die angeblich die Regel bestätigen sollen und Auslegungsunterschiede. Deutschland ist das ultimative "Ja, aber-Land". 

Wenn irgend jemand nach einem Beispiel auf der Suche wär, dass einem bewiese, warum eine Leitkultur nicht praktikabel ist - er würde hier in Deutschland so richtig fündig. 
Die Bürger dieses Landes, inklusive der Politiker, die gern von den Menschen da draußen schwafeln wenn sie Bürger meinen, diskutieren vermutlich noch bis zum Ende des Jahrhunderts und darüber hinaus über die deutsche Leitkultur, ohne auch nur einen Schritt weiter zu kommen. 

Wir Deutsche nennen so ein intellektuelles Geschwätz Tiefgang. Wir, wie der Autor des FAZ-Kommentars so naiv offenherzig preisgibt, sind in unserer Selbstüberschätzung zwar unfähig uns unsere Uneinigkeit über das was uns verbindet einzugestehen, aber, nichtsdestotrotz verlangen wir das, was wir nicht hinbekommen, von anderen.

Und wenn sie scheitern - um so besser. 

Dafür müssen wir die Legende von der Existenz einer deutschen Leitkultur am Leben erhalten. 

Mir würde es ja schon genügen wenn meine Landsleute in einer bedeutenden Mehrheit das Grundgesetz achteten oder vielleicht sogar wertschätzten. 
Aber wenn Politiker es vormachen, wie man sich über die Grundpfeiler unserer Demokratie die eben keine Volksherrschaft sein soll, hinwegsetzt, in dem sie auf die Gewaltenteilung pfeifen und die Exekutive zur alles beherrschenden Gewalt ausformen, sehnt sich der eine oder andere Bürger nach einer Führungsperson. 
Dabei blicken nicht wenige sehnsuchtsvoll nach Moskau wo ein Diktator herrscht - durch einen deutschen Bundeskanzler als lupenreiner Demokrat geadelt.
Und was das Staatsfernsehen dazu an "politischer Bildung" liefert, spricht Bände.  
Von einer gemeinsamen Kultur mit leitendem Charakter wäre man aber auch ohne diese Querelen dann immer noch weit entfernt. 

Und schon bin ich bei einem zweiten Merkmal deutscher Kultur:
Dem der überzogenen Ansprüche. 
Anderen Ländern reicht es aus, dass alle Bewohner die Gesetze achten und die Verfassung. 
Eine Kultur ist da außen vor, weil es regionale Unterschiede gibt, die gar nicht nivelliert werden sollen, weil sie nicht nivelliert werden können. 
Man verfügt über Zivilisation. Das reicht und steht nebenbei über der Kultur, unter die auch Marterpfähle und die Herstellung von Schrumpfköpfen fallen. 

Oder der Märtyrertod als Zivilisten mordender Terrorist. Dem Terroristen wird nicht der Besitz von Kultur abgesprochen sondern von Zivilisiertheit. Er ist einfach nicht in der Zivilisation angekommen. 
Oder aus ihr herausgefallen.

Man könnte auch sagen: Die deutsche Endlosdebatte über eine gemeinsame und leitende Kultur wird nicht enden, weil sie den zum Scheitern verurteilten Versuch unternimmt, sich über den Zivilisationsbegriff hinwegzusetzen und die Zivilisation als der Kultur unterlegen ansieht. 

Wenn ein große Menge an Flüchtlingen aus Gebieten nach Deutschland kommt, in denen Stammeskultur und Clanstrukturen die Gesellschaft bestimmen, und nicht das was im Westen unter Zivilisation verstanden wird, nämlich Recht und Gesetz, werden sie sich mit der Annahme einer Leitkultur schwerer tun, als mit anderem Recht und Gesetz.  

Erst recht wenn ihnen Deutsche erzählen wie sehr sie ihr Land, das was sie unter deutscher Kultur verstehen und ihre "teilkapitalistische" Verfasstheit verachten. 

Mit anderem Recht und anderen Gesetzen werden und müssen sie rechnen. Und sie erwarten wohl auch, dass man dies von ihnen verlangt. Nicht aber das Ablegen ihrer Kultur und die Annahme einer anderen. Das braucht länger als das Handeln nach anderen Gesetzen. 

Die Integrationsaufforderung muss umsetzbar sein und darf keinem Idealismus folgen, der einer deutschen Debattenobsession frönt. Diese Aufforderung muss sich an der deutschen Zivilisation orientieren. An ihren Gesetzen und an ihren Werten die sich aus dem Grundgesetz ergeben. Damit sind zu allererst die Menschenrechte und die sich aus ihnen ergebenden Normen des Zusammenlebens gemeint. 

Mit Kultur hat das alles erstmal wenig zu tun. Ihre Kultur werden die nach Deutschland Kommenden um zu bleiben, mit der hiesigen vermischen. Austauschen sicher nicht. Das hätte Deutschland während des noch andauernden Wiedervereinigungsprozesses bereits lernen können. 

Erling Plaethe