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Samstag, 28. Februar 2015

Überholverbote im Internet

Früher, in der guten alten Zeit, fuhr man nicht in eine andere Stadt - man reiste dorthin. Die Wege waren holprig, die Reise anstrengend und die Kosten hoch. 
Das änderte sich nur wenig - bis zur Industrialisierung. Sie brachte die Motorisierung unseres Lebens, weil Erfinder und Unternehmer ihre Zeit mit Entwicklung von Ideen verbrachten und ihr Geld in  neue Formen der Fortbewegung investierten.
Jede Neuerung begann mit einem exorbitant hohen Preis und kleinen Stückzahlen die sich nur die Reichsten einer Gesellschaft leisten konnten. Von diesem wohlhabenden Teil der Gesellschaft hing es letztlich jedoch ab, ob der Erfindung ein Durchbruch beschieden sein sollte und ob das Risiko des Unternehmers mit Gewinnen belohnt wurde. Oder ob er alles verlor. 

Die Entwicklung der Fortbewegung von Menschen und Gütern wurde nicht auf Strassen begrenzt. Eisenbahnlinien kamen hinzu und Flugkorridore. Und die Geschwindigkeiten erhöhten sich.
So konnte das Transportvolumen gesteigert werden. 
Nicht jeder und jedes benötigte das mögliche Maximum. Es war und ist eine Abwägung von Nutzen und Aufwand.
Welche auch Innovationen in scheinbar technisch überholte Fortbewegungsmitteln hervorbringt, wie dem Fahrrad. Seine Weiterentwicklung führte zu einer Verbreitung die nicht zu erwarten war.


Die Frage ob man sich oder etwas schnell oder langsam fortbewegt, ist also nicht ausschließlich von den individuellen finanziellen Möglichkeiten abhängig, sondern von Prioritäten. Unvereinbar mit einer Vereinheitlichung der Bewegungsgeschwindigkeit von einem Ort zum anderen.
Wenn eine Bestellung lange vor ihrer geplanten Nutzung bestellt wird, können die Lieferkosten gesenkt und von einem günstigen Angebot profitiert werden.
Umgekehrt kann eine sehr kurzfristige Lieferung einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, der es gestattet, hohe Kosten einzupreisen.

Kaum einer würde auf die Idee kommen Geschäftsreisenden und wohlhabenden Prominenten die routinemäßige Nutzung ihres Privatjets verwehren zu wollen, nur weil eine Mehrheit mit dem Auto vorlieb nehmen muss um ans gewünschte Ziel zu kommen. 
Oder weil eine Mehrheit von Fahrradfahrern unterwegs ist, die Geschwindigkeit der Autos auf die der Velos zu begrenzen, oder?

Die amerikanische Netzagentur FCC scheint das mit der freien Wahl der Prioritäten anders zu beurteilen. Genauer gesagt die Mehrheit der Demokraten im ihrem Gremium. 
Die entschieden am Donnerstag in einer Abstimmung für eine Regulierungsbürokratie, die zukünftig die Etablierung von Überholspuren im Internet durch technische Innovationen unterbindet, wie "Spiegel Online" berichtete. 
Im Namen der Meinungsfreiheit auch noch.
Soweit will nicht mal die EU-Kommission gehen. Die spricht in ihrem Entwurf nur davon, dass Firmen nicht "blockieren, verlangsamen, verändern, herunterstufen oder bestimmte Inhalte benachteiligen" dürfen. Von einem Überholverbot ist dort noch nicht die Rede.

Die zur Rechtfertigung der Regulierung konstruierte Gleichsetzung des Internets mit Wasser-, Strom- oder Telefonnetzen durch das FCC, verkennt meines Erachtens seine vielfältige Nutzung. 
Information ist nicht Wasser oder Strom. 
Weder das eine noch das andere wird oder muss reguliert werden, um eine gerechte Verteilung zu ermöglichen. Wer viel will, bekommt viel. Auch beim Telefonieren.

Nein, das Internet ist eine virtuelle Welt, welche der realen mehr und mehr beigestellt wird. Dem gilt es Rechnung zu tragen. 
Wird in dieser Welt der Weg in die Planwirtschaft beschritten, kann solch ein Vorhaben auf die reale Welt reflektieren. Die FCC meint es sicher gut. Nur gut gemacht ist es nicht. Diese Bürokratisierung blockiert die Entwicklung der virtuellen Welt, bremst Innovationen und kann zu Stagnation führen.

Staatliche Regulierung hat in der realen Welt noch keine Meinungsfreiheit erhalten und der Begriff des Schleusenwärters ist in dieser Diskussion schon selbst ein Beleg dafür. Denn damit suggeriert der FCC-Chef Tom Wheeler, bestehende Geschwindigkeiten würden verlangsamt und Informationen Schlange stehen müssen. Er verfälscht den Grundgedanken der unterschiedlichen Geschwindigkeiten  die zum realen Leben gehören und diffamiert die Idee für unterschiedliche Angebote unterschiedliche Übertragungen zu benötigen.

So als müsse ein Auto mit Schrittgeschwindigkeit fahren, damit man gegenüber dem Fahrradfahrer eine Straßenneutralität schafft. Keiner solle den anderen überholen dürfen.
Die Verfechter dieser Idee kommen mir vor, wie die Fahrer auf deutschen Autobahnen die auf der linken Spur unterwegs sind, obwohl rechts weit und breit kein Auto zu sehen ist. Oder die sich einfädeln, lange vor der Einengung auf eine Spur um dann dann die zweite zu versperren.
Sie wollen nicht überholt werden und nötigen anderen ihre individuelle Geschwindigkeit auf.

Doch es geht um Geschwindigkeitserhöhungen und Überholmöglichkeiten, die nicht sofort allen zur Verfügung stehen, weil die Kosten für ihre Entwicklung erst einmal gedeckt werden müssen. 
Von den wenigen die es sich leisten können.
Wie von denjenigen, welche sich Anfang des 20. Jh. einen Doppelphaeton kauften und damit die allgemeine Motorisierung erst erschwinglich machten.

 Erling Plaethe 




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